.10.23 / KURASHIKI

.10.23 / KURASHIKI

Heute am Sonntag besuchen wir den sympathischen Imayoshi Toshifumi in Kurashiki. Er hat sich für uns Zeit genommen und zeigt uns seine große Werkstatt. Unsere Igusagras Tischsets und Glasuntersetzer beziehen wir von ihm. Er ist der Einzige, der die Herstellungstechnik noch beherrscht. Er und seine Mutter führen den Betrieb.

Kurashiki war früher ein bedeutendes Handelszentrum am Meer. Durch Landaufschüttungs-maßnahmen wollte man landwirtschaftliche Fläche gewinnen, um Reis anzubauen. Das gelang aber nicht, da der Salzgehalt der Flächen zu hoch blieb.

Igusagras dagegen verträgt einen gewissen Salzgehalt und so entstanden hier Betriebe, die Tatamimatten, Noren aber auch Kopfbedeckungen aus Igusagras herstellten. Berühmt wurde die Produktion von gefärbtem Igusagras. Die Färbetechnik wurde hier entwickelt und ist auch nur hier bekannt. Das angenehme weiche Gefühl, wenn man sich auf Igusagrasmatten bewegt, kommt davon, dass die Grasholme zu ihrem Schutz von einer Silikonschicht umschlossen sind. Das verleiht auch den seidigen Glanz. Normale Farbstoffe perlen an dieser Schutzschicht ab, was den Bewohnern von Kurashiki eingefallen ist, weiß man nicht, das Geheimnis wurde strengstens gehütet.

Heute ist Imayoshi Toshifumi der einzige Färber, der über dieses Wissen verfügt. Erst vor kurzem hat er einige Stücke mit dem sogenannten Blumenmuster von Kichinosuke Tonomura für das Kunsthandwerksmuseum von Kurashiki fertiggestellt. Dazu musste er nicht nur die richtigen Farben von alten Stücken rekonstruieren, sondern auch dass Webemuster. Umgesetzt werden diese Muster auf Webmaschinen, die durchwegs aus dem späten 19 Jahrhundert stammen.

Der Maschinenpark von Imayoshi erinnert an ein Webereimuseum, neben Jaquardmaschinen mit Lochkarten gibt es hier einige Maschinen, bei denen die Webregister aus Holzlatten hergestellt werden. Das ganze Muster schaut dann wie eine Holzjalousie aus, bei der auf jeder Latte an den jeweils notwendigen Stellen Vorsprünge angebracht werden, die dann bewirken, sodass der angesprochene Kettfaden hochgezogen wird oder nicht.

Eine weitere “Jalousie“ dient der Auswahl der unterschiedlich gefärbten Grashalme. In der Weberei von Imayoshi stehen mehr als 10 Maschinen, Imayoshi beherrscht jede einzelne und kann sie auch reparieren. Sein 18-jähriger Sohn arbeitet seit kurzem mit und so besteht Hoffnung, dass die Tradition weitergeführt werden kann. Auch die Mutter arbeitet mit, sie kümmert sich um die abschließenden Zuschnitt- und Näharbeiten.

Die Familie besitzt 300 Tsubos Land (1 Tsubo entspricht 2 Tatamimatten, also einer Fläche von 180 x 180 x 300 cm oder knapp 1000 m2), auf denen im Dezember Igusagras, ähnlich wie Reis, auf gefluteten Flächen angebaut wird. Im Juni wird dann geerntet und das Gras danach getrocknet, was früher über ein Jahr gedauert hat.

Heute erledigt das ein Trocknungsaggregat in einem Tag. Das ist aber auch schon der einzige Schritt, der seit Gründung der Firma modernisiert wurde. Das Färben, der erste Schnitt, beides ist Handarbeit geblieben. Das Betreiben der uralten Maschinen ist eine hochkomplexe Aufgabe, aufwendiger als früher da auch die Instandhaltung selbst gemacht werden muss. Und alle Endfertigungsschritte sind ebenfalls Handarbeit. Die Muster entwirft Imayoshi alle selbst.

Wieder treffen wir auf eine Verbindung zur Mingeibewegung. Der Großvater hat noch mit Kichinosuke Tonomura zusammengearbeitet, einem webenden Weggefährten von Yanagi, der hier und in Tokyo Kunsthandwerksmuseen gegründet hat.

Imayoshi fährt uns in die Stadt zum Handwerksmuseum. Wir verabschieden uns und es freut ihn besonders zu hören, das unsere KundInnen seine Tischsets zu schätzen wissen. Die Sonntagsausflügler tummeln am Flussufer und in den Gassen.

Auch hier im Museum treffen wir auf viele Stücke aus Afrika, Lateinamerika und Asien. Die Mingeibewegung, die oft als sehr traditionell und nationalistisch kritisiert wurde, hatte ganz im Gegenteil offenbar einen weltoffenen Blick, im Mittelpunkt stand immer die Schönheit der Objekte, die sie aufgrund ihrer Nutzungsidee besitzen.

 

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