In kühler Bergluft erwacht sind wir das erste Mal so richtig ausgeschlafen. Nach dem Frühstück stecken wir noch einmal die Füße ins Thermalwasser in der Lobby. Leider müssen wir runter vom Berg, in Omiya hat uns die schwüle Hitze wieder voll im Griff. Es soll heuer auch in Japan so heiß wie nie zuvor sein.
Heute ist Shinkansen Tag. Der erste Trip über 110 km von Takasaki nach Omiya mit dem Shinkansen Hakutaka dauert 23 min., Durchschnittsgeschwindigkeit also 287 km/h. Jeder Zug hat einen eigenen Namen, nach wem oder was der Zug benannt wurde haben wir noch nicht rausgefunden.
Von Omiya nach Sendai sind es 336 km. Ohne Zwischenstopp kommen wir dort nach 66 min. an. Die Shinkansen erinnern mit ihrer Schnauze an Delphine. Diesmal heißt der Zug Komachi. Ono no Komachi war eine der 6 besten Waka DichterInnen der frühen Helan Zeit klärt uns Wikipedia auf und wurde aufgrund ihrer Schönheit zum Inbegriff japanischer Schönheit. Ob das heute auch noch so wäre, wissen wir nicht, leider gibt’s kein Foto von ihr. Und Portraits, auch wenn sie von noch so großen KünstlerInnen gemalt wurden, waren ja meistens weniger ein Abbild der Realität, sondern dienten einem ähnlichen Zweck wie heute Fotos auf Dating Plattformen.
Diese Dame erreicht heute mehr als 300 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit! Und da gibt’s kein Rumfaxen, Verspätungen werden nicht toleriert, höchstens bei Erdbeben oder Taifun. Übrigens kurz vor Sendai sehen wir die allererste größere Solaranlage, auf Hausdächern haben wir noch nie eine gesehen. Japans Atomlobby scheint das noch gut im Griff zu haben.
Die Senzan Line von Sendai nach Sakunami erinnert schon eher an europäische Verhältnisse, 28,7 km in 40 Minuten macht eine Durchschnittsgeschwindigkeit von gemütlichen 43 km/h. Wir haben uns diesen Ort ausgesucht, weil hier zwei bedeutende Mitglieder der Kokeshizunft arbeiten, die wir im November im HABARI vorstellen werden. Die werden wir morgen besuchen und schon an der Bahnstation begrüßen uns 2 mehr als mannshohe Kokeshis. Unsere Agentin hat uns hier in einem sehr schönen Onsen namens Satoyama retreat, eine Station vor Sakunama, eingebucht. Wald ringsherum, wir könnten hier Wochen bleiben.
Es regnet und kühlt wieder etwas ab, allerdings haben auch hier die Gelsen vom Klima profitiert und das große Panoramafenster machen wir daher bald wieder zu. Die Zimmer sind mit Tatamimatten ausgelegt, man geht wie auf Wolken. Dusche oder Badewanne suchen wir im Zimmer vergeblich, das erledigt man im Onsen. Das Essen ist eine Offenbarung, jetzt erst dämmert uns wie gut Tempura sein kann, wie man Wagyu gekocht und gebraten perfekt serviert und dass es inzwischen großartige japanische Weine gibt. Im Zimmer liegen sehr angenehme, dem Kimonoschnitt nachempfundene Sets, die man den ganzen Tag über (außer im Bad – da ist man nackt) trägt und das entspannt ganz einfach, wenn sich niemand herausputzt. Man könnte fast meinen sich in einer egalitären Utopie zu bewegen, wäre da nicht der Preis, der wahrscheinlich für die meisten Japaner nicht erschwinglich ist. Für uns als gelernte Österreicher dagegen schwer zu packen wie günstig es hier ist, was übrigens für die meisten Hotels in Japan gilt.
Den Tag an der Bar ausklingen lassen ist in den Onsens schwer möglich, last Order ist um 9:30 p.m.. Dann kann man nur noch zwischen Bett und Bad entscheiden. Und so wurde dieser Beitrag heute schon kurz nach 22:00 h fertig.