14.9.23 / IWATE / OSHU-SHI / MORIOKA

14.9.23 / IWATE / OSHU-SHI / MORIOKA

Der Charme eines Hotels, das auch in Nordkorea stehen könnte, empfängt uns gestern Abend. Es soll von der Regierung gebaut und später, wie fast alles in Japan privatisiert, worden sein. Der Ästhetik eines Gewerkschaftsheims aus den 50ern tut das keinen Abbruch. Essenszeiten werden strikt eingeteilt, wir erwischen am Abend offensichtlich als privilegierte Ausländer das letzte Slot um 19:15, quasi open end, bis das Restaurant um 21 Uhr schließt. Ab 20 Uhr wird ringsherum geputzt, wir nutzen unser Privileg daher nicht vollständig aus.

Die buddhistische Tempelanlage von Chuson-ji liegt fast auf unserer Route. In einer Parkanlage mit uraltem Zedernbestand, dazwischen leuchtendgrüner Zwergahorn, besuchen wir den Goldenen Tempel. Das gesamte Ensemble ist vollkommen zurecht Weltkulturerbe. Der goldene Tempel mit seinen unglaublich fein gearbeitenden, sehr lebendigen goldenen Statuen wurde bereits im 18. Jhdt. mit einem Schutzbau aus Holz umgeben, um die Anlage zu schützen. Dieser wurde in den 60ziger Jahren durch eine Pagode aus Beton ersetzt, schaut ganz ordentlich aus hat aber etwas von einem Sarkophag wir sie aus Tschernobyl oder Fukushima kennen. Am Rückweg finden wir erste verfärbte Blätter des Zwergahorns. Wie schon beschrieben, Momoji kann bald beginnen.

Heute ist wieder einmal so ein Tag, an dem Lore sagt:“… jetzt weiss ich, warum ich das mache … es macht mich einfach glücklich, was wir tun ...“ (wir waren gerade bei Kei Sato).

Wir sehen die Arbeit des Gießers nun mit ganz anderen Augen. Kei Sato arbeitet allein, seit sein Vater nicht mehr mitmacht. Er baut perfekte Formen aus Flußsand und Lehm, den er sich selbst aus den Bergen holt. Er setzt mit erstaunlicher Präzision perfekte Muster in den Lehm der Gußform, solange das Material noch weich ist. 1800 Punkte werden händisch höchst präzise gesetzt. Es ist unglaublich wieviel Arbeitsschritte notwendig sind um diese perfekten Teekannen herzustellen. Er gießt extrem dünnwandige fehlerfreie Kannen und andere wunderschöne Gebrauchsobjekte, die dann im Ofen bei 900 Grad rot glühen und eine feine Oxidationsschicht bilden. Wieder derselbe Hintergrund wie gestern bei Naoki Sakai. Schönheit und Zweckmäßigkeit sind keine Gegensätze, sondern Zwillinge, die in Harmonie miteinander leben.

Auch in seinem Shop, einem ehemaligen Bauernhaus, das er beim Schwager in den Bergen gefunden hat und hier wiedererrichtet hat, herrscht eine freundliche, angenehm ruhige Atmosphäre. Und hier finden wir noch einige Schätze, die wir nächstes Jahr hoffentlich in Wien begrüßen dürfen. Kei muss noch mit seinem Vater klären, ob dieser überhaupt bereit ist, uns einige seiner Arbeiten zu überlassen. Die Zeichen stehen gut.

Kei schafft, wenn alles passt, maximal 10 Kannen pro Woche, solange er nicht gerade Material besorgt, an Verkaufsausstellungen teilnimmt, etc. Wenn es hoch her geht, verlassen 390 Kannen pro Jahr seine Werkstatt.

Nächste Station ist die Firma Kamasada in Morioka, Hauptstadt der Präfektur Iwate. Iwate hat einen legendären Ruf für seine Nambo Teki Waren. Erzeugnisse aus Gußeisen, die hier seit vielen hundert Jahren hergestellt werden. Nobuha Miya der Seniorchef, hat viele neue Designs geschaffen, seine Pfannen und Töpfe genießen unter Fachleuten Weltruf.

Die Gießerei steht heute inmitten von Hochhäusern. Das Geschäft ist altes, ebenerdiges, Holzgebäude mit gepflegtem Bonsaigarten an der Rückseite, den der Großvater des heutigen Chefs angelegt hat. Dahinter die Gießerei und Werkstätten in denen diese Kunstwerke gefertigt werden. Wir haben diese Kochtöpfe mit einsetzbaren Holzgriffen zum Servieren bereits gekauft. Und sie sollten ab Mitte Oktober im Geschäft verfügbar sein.

Technisch derselbe Prozess wie bei Kei Sato, nur das aufgrund der Nachbarschaft kein Koksofen mehr eingesetzt wird, sondern die Metallbarren mit Mikrowelle eingeschmolzen werden. Für die perfekte Oberfläche werden die Pfannen sandgestrahlt und danach noch händisch nachgeschliffen. Der Boden der Werkstatt besteht übrigens aus nichts als dem wieder gebrochenen Gießsand. Und der Sand für jede neue Gussform wird wieder aus dem Boden entnommen - – perfektes Recycling! Nach dem Einbrennen von Urushi wird dann noch eine weitere Schicht aus Omagura, einem eisenhaltigen Teeextrakt aufgetragen, das sorgt für die perfekte Antihaftung. Wir freuen uns schon auf die Pfannen und Töpfe von Kamasada.

Naoki Sakai hat uns noch einen anderen Gießer empfohlen, bei dem wir auch noch vorbeigeschaut haben. Shigeo Suzuki erzeugt nun in der 16ten Generation an diesem Standort Produkte aus Gusseisen. Das wunderschöne Geschäft im Zentrum von Morioka wird von Morihisa Suzuki geführt, der bei Naoki Sakai studiert hat, den er auch als Küchenchef lobt, der die StudentInnen an langen Abenden gerne bekocht hat.

Suzuki zeigt uns Teekannen von mehreren Generationen. Alles allerfeinste Arbeiten und wieder landen wir in der Werkstatt und bestaunen wie unglaublich präzise gearbeitet wird. Suzuki war eine Art Hoflieferant in Morioka und bis heute ist es sicher auch eine Prestigesache, Produkte von Suzuki zu besitzen. Wir verlieben uns in einige Stücke, die die Mutter von Morihisa gemacht hat.

Der Großvater hat seine Hauskatze in Bronze verewigt, diese Skulptur wurde nun in Gusseisen wieder aufgelegt, eine wirklich wunderschöne Arbeit. Morihisa zeigt uns auch noch einige der Arbeiten, die er gerade für eine Personalie in Tokyo vorbereitet. Noch streng geheim aber wir haben nun schon eine Idee was da kommen wird. Könnte ein großer Erfolg werden!

 

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