Tsuchinao versorgt uns nun seit 2 Jahren mit den hochwertigsten Urushiarbeiten, die wir bisher gefunden haben. Dafür wird eine eigene Lacksorte verwendet, bei der schon sehr hochwertiger Lack nochmals raffiniert wird und so in seiner Reinheit unübertroffen ist. Es ist die Klarheit dieses Lacks, seine Transparenz ohne jede Verunreinigung, der die Maserung des Holzes so unvergleichlich zur Geltung kommen lässt.
Naoto Tsuchida kann auf seinen Betrieb sehr stolz sein und das sieht man sofort, wenn man ihm begegnet. Sein freundliches Wesen, sein Lächeln macht ihn sofort sympathisch. Über steile Treppen führt er hinauf in sein Reich. Allein die Grundierung besteht bei allen seinen Produkten aus 5 Durchgängen, 2 Spezialistinnen arbeiten hier, wie immer am Boden sitzend. Der verwendete Grundierungslack bei undurchsichtigen Lackierungen ist eine Mischung aus Urushi und Bernsteinpulver, das die Widerstandsfähigkeit der Lackierung erhöht. Nach jeder Lackierung geht es ab in den Trockenschrank bei dem es nicht darum geht, eine hohe, sondern eine möglichst konstante Temperatur zwischen 20 und 30°C sicherzustellen. Entscheidend für die Aushärtung ist die Luftfeuchtigkeit von 70%, ähnlich wie bei unseren Superklebern. Und diese Feuchtigkeit war in dieser bergigen Region immer gegeben, der Grund warum sich diese Zunft hier angesiedelt hat.
Nicht nur das Raumklima, auch das Arbeitsklima ist hier ein sehr gutes. Man hat den Eindruck den beiden Frauen macht ihre Arbeit wirklich Spaß. Wir bekommen noch eine Einführung in die Beschichtung von Chopsticks mit Goldstaub, der auf die noch nicht abgetrocknete Lackierung aufgebracht wird und nach zwei Tagen eingebunden ist. Nach fünf Durchgängen Grundierung zeigt uns ein anderer Mitarbeiter im nächsten Raum wie die erste Schicht Farblack mit dem breiten Pinsel aus Frauenhaar aufgetragen wird. Wieder geht es ab in die Trockenkammer, wobei nun die Schalen auf einem Gestell sitzen, das alle 6 Minuten weitergedreht wird, um zu verhindern, dass der Lack ungleichmäßig verrinnt.
Letzte Stufe ist dann die Finalisierung mit einer weiteren Lackschicht. Diesmal können wir die Arbeit nur durch ein Fenster beobachten, allerhöchste Staubfreiheit ist hier oberste Maxime. Früher hatte man dafür eigene Schiffe gebaut, da es an Land nicht möglich war derart reine Luft zu garantieren.
Ganz in der Nähe leistet sich die Vereinigung der Urushierzeuger ein kleines Museum. Hier stoßen wir auf die Werke eines Künstlers, der wunderschöne Schalen in einer ganz anderen Technik herstellt. Urushi wird dabei auf Hanfgewebe aufgetragen und mit diesen getränkten Tüchern Schicht für Schicht – ähnlich wie bei uns Kajaks oder auch Surfbretter aus Kunstharz hergestellt werden – das jeweilige Objekt umwickelt. In Deutschland hat letztes Jahr das Museum für Lackkunst eine Ausstellung mit Werken führender KünstlerInnen aus Japan organisiert, wir kennen traumhaft schöne Objekte aus dem Katalog, heute haben wir die ersten Arbeiten selbst gesehen und waren schwer beeindruckt.
Den Nachmittag über waren wir auf der Pirsch nach einem Messerschmied und fuhren dafür mit dem Auto weiter nach Takefu. Der Produzentengemeinschaft Takefu gehören einige der bekanntesten Messerschmiede Japans mit legendärem Ruf an.
Der Architekt Kiko Moduna (1941 – 2001) hat Ihnen ein rundes Präsentationsgebäude mit angeschlossener Messerschmiede, ganz aus Wellblech, errichtet. Naoyuki Nagata, ein Schüler von Ando, wurde später mit einem weiteren Bau beauftragt, der nun als Ausstellungs- und Verkaufsfläche dient. Leider mussten wir lernen, dass die Betriebe so sehr ausgelastet sind, dass sie derzeit nicht in der Lage sind, neue Kunden zu bedienen. Die Pirsch geht also weiter.
Mit dem Shirasaga Railway fahren wir am späten Nachmittag weiter nach Nagoya und sind schon gespannt, was uns dort erwarten wird.
Heute ist übrigens Halbzeit bei unserer Reise. Nach Nagoya kommt Kyoto und dort werden wir die doch schon dringend benötigte Verschnaufpause einlegen.