Auch heute ist es schon in der Früh schwül in Kyoto und die Nacht war wieder tropisch. Trotzdem haben sich über diese Nacht die Zwergahornbäume verfärbt. Momoiji hat begonnen. Der japanische Herbst. Das Gedächtnis der Bäume scheint zu versuchen, die Erwärmung nicht zu akzeptieren. Jetzt ist Herbst und basta! Ähnlichkeiten mit Personen sind rein zufällig!
Mit dem Shinkansen geht es nach Kobe, man braucht ungefähr 30 Minuten für die 75 Kilometer, mit Zwischenstopp in Osaka. Die Perfektion des Systems beeindruckt uns immer wieder, Verspätungen sind so gut wie nicht bekannt. Aufenthalte dauern exakt 2 Minuten, jeder stellt sich bei dem Gate an, bei dem sein Waggon stehen bleiben wird, alles verläuft ruhig, ohne Hektik. Die Züge fahren ruckfrei an, beschleunigen unmerklich, man kann sich bewegen ohne Gefahr zu laufen, hin- und her gebeutelt zu werden.
Von Kobe fahren wir über die längste Hängebrücke der Welt auf die Insel Awaji. Sie verbindet Kobe / Präfektur Hyogomit der Insel Awaji auf einer Strecke von 4 km. Der Legende nach ist auf der Insel vor langer Zeit ein Agar Stamm angeschwemmt worden. Man wollte ihn verbrennen und stellte dabei aber fest, dass er einen wohltuenden Geruch verbreitete. Letztendlich soll der Stamm dem Kaiser zum Geschenk gemacht worden sein.
Auf der Insel hat das aber offensichtlich einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und so entstand hier, basierend auf Agarholz, Sandelholz und vielen in der Region kultivierten Pflanzen eine Geruchsindustrie, die heute 70 Prozent der Räucherstäbchenproduktion Japans abdeckt. Größter Abnehmer ist die Religionsgemeinschaft der Buddhisten, bei denen Räucheropfer ein wesentliches Element der Zeremonien darstellen. Immer wichtiger werden aber die internationalen Abnehmer, die die Eleganz der japanischen Produkte schätzen.
Kunjudo gilt als der älteste Erzeuger, der Familienbetrieb besteht seit 135 Jahren. Erst vor vier Jahren brachte man die Räucherblätter, einzeln händisch aus getränktem Washipapier gefertigt, auf den Markt.
Nur die allerhöchste Qualität an Essenzen wird für dieses Produkt verwendet und wir schätzen uns glücklich dieses Produkt als einer von wenigen Anbietern in Europa anbieten zu können.
Das Verfahren ist patentiert, auch wir dürfen die Produktionsräume nicht sehen. Allerdings zeigt uns die Tochter des Firmenchefs, die für die Konzeption der neuen Produkte verantwortlich ist, wie das Ganze funktioniert. Das noch feuchte, mit der jeweiligen Essenz getränkte dicke Washipapier wird dabei mit einem händisch geführten Stempel über eine Form gepresst, die Ränder danach zugeschnitten und das Blatt getrocknet.
Der Präsident, seine Tochter und ein Onkel verabschieden uns, wie japanisch gewohnt, bis zum Auto mit voller Herzlichkeit.
Noch eine kurze Nachricht von der Kulinarik Front. Meistens sind wir einfach zu müde, um die kulinarische Szene zu untersuchen und dann gehen wir einfach um die nächste Ecke, in ein kleines japanisches Lokal. Was wir vorgesetzt bekommen, ist durchwegs sehr gut und überraschend günstig.
Zweimal haben wir allerdings Lokale mit wenigen Plätzen an der Theke gefunden, in denen der Chef ein Menu anbietet, dass dann wirklich begeistern kann. Heute haben wir wieder das Glück gehabt, so ein Lokal zu finden. Der Chef ist 22 Jahre alt, das Menü eine Mischung aus französischer und japanischer Küche. Quatres Lapins heißt es und wir können es wärmstens empfehlen. Allerdings, wie fast überall in Japan, um 20 Uhr, spätestens um 21 Uhr, ist Küchenschluss! Und um 22 Uhr hat man den Eindruck, dass beinahe ganz Japan schon schläft. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die Zeitzone so gewählt wurde, dass es in Japan um diese Jahreszeit schon um 18 Uhr stockdunkel ist.
Auf dem Bild zu sehen, die am Boden stehenden Körbe zur Unterbringung der Handtaschen und Einkaufssackerln.